17.04.2023
Nach dem Relaunch ist immer vor dem Relaunch. Der Zahn der Zeit, neue Designtrends, sich wandelndes Konsumentenverhalten, sich bewegende Konkurrenz, aber auch eine Neuausrichtung des eigenen Unternehmens bedingen stets aufs Neue eine Veränderung des eigenen Marken- und Verpackungsauftritts. Marktführer wahren dadurch ihre Position als (impulsgebender) Platzhirsch, junge Marken disruptieren gerne am POS, um aufzufallen, und es gibt natürlich auch die Me-Too-Produkte, die sich am Erfolg etablierter Marken orientieren.
Doch was ist hier der richtige Weg? Wann macht bei einem Relaunch eine sanfte Evolution mit Fokus auf Wiedererkennung Sinn und wann ist eine Revolution mit völlig neuem Look erfolgsversprechender? Ich würde sagen „it’s complicated“ und hängt von einer Menge von Faktoren ab.
Folgende Fragen können dir dabei helfen, den richtigen Weg für die eigene Marke zu finden:
Timing ist King! So spielen (unvorhersehbare) äußere Faktoren eine ebenfalls wichtige Rolle und müssen unbedingt mit in die Erfolgsgleichung aufgenommen werden:
Die Analyse der folgenden Fallbeispiele zweier großer Markenrelaunches verdeutlicht den Unterschied zwischen einem evolutionären und revolutionären Marken- und Verpackungsrelaunch.
EVOLUTION À LA CAMPBELL’S
Eine Evolution setzt voraus, dass bereits vieles stimmt – ein eigenständiges, gelerntes und erfolgreich am Markt funktionierendes Design sowie eine Stammverwenderschaft, die auf die Marke schwört. Oft ist der Auftritt einfach etwas in die Jahre gekommen und offenbart dadurch Problemzonen, die nicht mehr dem Zeitgeist entsprechen. Aus dieser Position heraus gilt es die Wiedererkennung zu wahren, die bereits vorhandenen Stärken zu kultivieren und dabei die bestehenden Schwächen zu beseitigen.
Der Suppenhersteller Campbell’s hat kürzlich einen umfassenden Marken- und Verpackungsrelaunch seiner Hauptproduktrange vollzogen und meiner Ansicht nach den für die Marke richtigen Weg eingeschlagen. Ziel von Campbell’s war es, den schwächelnden Absatzzahlen und dem angestaubten Image der ikonischen Suppen, geschuldet durch den Wunsch der Zielgruppe nach einer grundsätzlich gesünderen Ernährung, entgegenzuwirken. Trotz der auf den ersten Blick unscheinbaren Veränderungen spricht das evolutionäre Rebranding durch seine moderne Simplizität für sich. Jedes Element der Informationshierarchie wurde überprüft und im Detail verbessert.
Da gerade bei evolutionären Relaunches die wichtigen Feinheiten gern untergehen, habe ich diese für dich im Detail zusammengefasst:
Marke
Medaille
Informationshierarchie und Typografie
Keyvisuals
Nicht umsonst habe ich das Beispiel Campbell’s aufgeführt. Die Marke ist nicht nur seit Dekaden etabliert, sondern sie hat zudem noch einen weltweiten Kultstatus erlangt. Sie ist eine Art Coca-Cola Dose unter den Suppen. Eine revolutionäre Veränderung des Looks würde viel mehr nehmen, als ein neues Design zu geben vermag. Es ist völlig okay für Sondereditionen, Line-Extensions oder weitere Submarken wesentlich mutigere Wege zu gehen. Jedoch würde eine zu große Veränderung der Goldenen Kuh nicht nur der Kernzielgruppe vor den Kopf stoßen, sondern auch jede Menge mühsam aufgebautes Branding über den Haufen werfen.
Manchmal ist nicht das Design das Problem, sondern der Inhalt oder die Werte, für die eine Marke steht. Daher bleibe ich dabei, dass wir es hier mit einem gelungenen Rebranding zu tun haben und verweise darauf, dass Campbell‘s sich in Zeiten von sinkenden Umsatzzahlen zusätzlich und mit voller Kraft auf die Optimierung seiner inneren Werte fokussieren muss.
REVOLUTION À LA PEPSI
Eine Revolution setzt voraus, dass die derzeitige Markenkommunikation auf einer oder mehreren Ebenen nicht (mehr) am Markt funktioniert oder nicht mit der übergeordneten Markenausrichtung vereinbart werden kann. Dies können auf der einen Seite innere Einflüsse sein, wie eine Verlagerung des Kerngeschäfts auf neue Bereiche oder eine zu diffuse bestehende Markenpositionierung. Auf der anderen Seite können auch äußere Einflüsse, wie eine stark agierende Konkurrenz, oder eine sich in ihren Ansprüchen verändernde Kernzielgruppe ein Unternehmen zu einem größeren Schritt zwingen. Alles in allem sollte dieser Schritt jedoch immer auf Grundlage einer umfassenden Markenpositionierung und Zielgruppenanalyse erfolgen. Denn langfristiger Erfolg kann nur auf authentisch gelebten Markenwerten und dem Konsumverhalten echter Zielgruppen aufbauen.
Coca-Cola’s ewiger Rivale Pepsi hat nach seinem mehr als umstrittenen Rebranding im Jahr 2008 wieder einen Relaunch gewagt. Ein großer Schritt von einem dynamisch-abstrakten Logo zu einer eher statischen, kompakten Wort-Bild-Marke. Was auf den ersten Blick wie eine Revolution aussieht, entpuppt sich aus der Markenhistorie heraus als back to the roots. Quasi eine RetroLution. Denn das Rebranding erinnert stark an die Marke zwischen 1962 und 1987. PepsiCo Chief Design Officer Mauro Porcini bezeichnet diesen Schritt als einen Weg, die zukünftigen Generationen mit der Markenhistorie zu verbinden. „We designed the new visual identity to connect future generations with our brand's heritage, transcending everything we know and love about the brand to create something current and undeniably Pepsi.“
Aus meiner Sicht ein durchaus sinnvoller Schritt. Denn im Vergleich zur immer gleichen Coca-Cola (2019 Carbonated Soft Drink Market Share 17.8 %) fehlte es Pepsi seit 2008 (2019 Carbonated Soft Drink Market Share 8,4 %) zwar nicht an Eigenständigkeit und Impactstärke, jedoch an der Lesbarkeit der Marke. Das bisher genutzte abstrakte Logo funktioniert für sich als eigenständiger Blickfang, während der Markenname eher als filigraner Fremdkörper angedichtet wurde. Die nun kompakte und selbstbewusste Marke nutzt die gelernten Elemente der Markenhistorie und schenkt dem Markennamen durch die schwarze Einfärbung eine neue und moderne Präsenz. Hierbei setzt der bewusste Einsatz eines positiven Markenschriftzuges ein Statement gegen den negativen, weißen Schriftzug von Coca-Cola. Weiterhin kann der gewonnene Platz auf den Packmitteln nun räumlich und farblich für ein besseres Subbranding genutzt werden, während die Marke ihre Präsenz und Konstanz wahrt.
Auch wenn ein dynamisches responsives Branding für die Performance einer Marke auf verschiedenen Plattformen in Zukunft relevant ist, streift Pepsi meines Erachtens auf sinnvolle Weise die wankelmütige Schwäche seines Rebrandings von 2008 ab. Die RetroLution stärkt nicht nur die Dachmarke, sondern aufbauend auf ihrer echten Markenhistorie, auch die Verbindung zu ihrer Zielgruppe. Ich bin gespannt auf die nächsten zehn Jahre!
FAZIT
Jeder Relaunch ist ein Kausalkosmos für sich, aber es gibt ein paar Regeln und Wegpfeiler, die einen erfolgreichen Relaunch maßgeblich unterstützen können. Es ist unabdingbar, die Ziele vorher klar zu definieren und mit dem Status Quo ehrlich ins Gericht zu gehen. Eine SWAT-Analyse gepaart mit einer Markenpositionierung, am besten gemeinsam mit einer unternehmensfernen Instanz, hilft in der Regel sehr gut, aus der so wichtigen realistischen Ausgangsbasis heraus, die Chancen und Risiken des anstehenden Relaunches gegeneinander abzuwägen.
Gemäß dem Spruch „Never change a winning team“ baut eine Evolution auf Wiedererkennung und gelernte Stärken. Eine Revolution hingegen setzt bewusst auf den Glanz des Neuen, das Abstreifen größerer Ungereimtheiten sowie die Erschließung neuer Zielgruppen. So oder so, es ist selten sinnvoll, wirklich alles über den Haufen zu werfen. Es gibt immer ausbaufähige oder gelernte Elemente aus der Kommunikation, die als roter Faden zu etwas Neuem gesponnen werden können.
Zu guter Letzt ist ein Marken- und Verpackungsrelaunch als Teil des gesamten Marketing-Mixes zu sehen. Klar muss eine Verpackung aus sich heraus funktionieren und kommunizieren, aber effektives Brandbuilding schafft Markenvertrauen und Markenerlebnisse über die Verpackung hinaus – auf allen Medienkanälen.
Bildnachweise
Campbell’s: Campbell Soup Company
Pepsi: PepsiCo